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Neue Geschichten über Herbert, Hubert und andere Zeitgenossen
Regina Oversberg
80 Seiten. ISBN 9783943519204
Das Leben hält eben so manche Überraschung bereit und nichts scheint unmöglich zu sein. Nach der Veröffentlichung meines ersten Buches „Geschichten über Herbert, Hubert und andere Zeitgenossen“ gibt es noch immer einiges über sie zu erzählen. Da sind zum einen Herberts Streiche, die er als junger Mann seinen Arbeitskollegen spielte; natürlich immer aus höheren Beweggründen heraus. Auch die Geschichten, wie die Tierfreundin Hilde ihre Liebe zu Waschbären entdeckte oder wie Herbert und Hubert die Retter in der Not sind, waren noch nicht erzählt. Jetzt erfährt man auch endlich, wie Heiner zu seinem Schneeschieber kam oder was er in einer Harzer Kneipe am Fuße des Brockens erlebte. Hubert begegnet uns in seiner Paraderolle als Weihnachtsmann und als furchtbar armer Pechvogel. Viele der Geschichten werden für so manchen einen Wiedererkennungswert haben. In 14 Episoden erfahren Sie neues über Herbert, Hubert und die anderen Zeitgenossen, wie Heiner, den Globetrotter, oder Heinz, den Angler.
Leseprobe
6. Hildes große Überraschung
Herbert musste ins Krankenhaus zur Knieoperation und deshalb wollte ihm Hilde für die Heimkehr eine besondere Überraschung bereiten. Sie fuhr also zu einem Fachhändler und kaufte nach eingehender Beratung einen neuen, extraflachen und extragroßen Fernseher. Wie ein Kind freute sie sich darauf, dieses neue Gerät bald Herbert vorführen zu können. Doch bis dahin war noch einiges zu tun, musste doch der Fernseher nach Hause transportiert und angeschlossen werden. Der Fachhändler klärte sich bereit, diese Aufgabe für 30 € zu übernehmen. Hilde stimmte zu und wähnte sich bereits als Glückspilz, weil ihr an diesem Tag wohl alles zu gelingen schien. Sie bedauerte bereits, dass für Transport und Anschluss an diesem Tag keine Zeit mehr blieb. Doch wie sagte Tom Buhrow von den Tagesthemen immer? „Morgen ist ein neuer Tag!“ Der neue Tag kam und mit ihm der Handwerker und der superedle Flachbildschirm mit 3D-Funktion, Dolby-Surround-Ton und zarter, azurfarbener Hintergrundbeleuchtung. Hilde strahlte, bestimmte den Platz zum Aufstellen und verfolgte gewissenhaft jeden Handschlag des Fachmanns. Es war nun nur noch das neue Loch für den Antennenanschluss zu bohren. Man beratschlagte sich gründlich, worauf der Experte seine Bohrmaschine nahm, sich nach draußen begab und sein Werk begann. Natürlich stand Hilde auch jetzt hinter ihm, um auch keinen einzigen Handschlag zu verpassen. Die Schlagbohrmaschine fraß sich lärmend durch den Beton, langsam, stetig und spuckte dabei Unmengen an Staub aus. Hilde war bei diesem Anblick froh, dass der Handwerker nicht von innen nach außen gebohrt hatte. Plötzlich rutschte der Bohrer durch die Wand und die Arbeit war geschafft. In freudiger Erwartung reichte Hilde dem Handwerker das Antennenkabel und verfolgte gebannt, wie es in der Wand verschwand. Erledigt! Nun brauchte der Meister nur noch das Verbindungsstück anzubasteln. Doch zurück im Wohnzimmer wurden sie sofort auf ein schwaches Plätschern hinter dem Bücherregal aufmerksam, von wo aus sich bereits eine größere Wasserpfütze ausbreitete. Hilde schwante nichts Gutes; da war etwas passiert! Auch der Meister wurde etwas blass und bemerkte schließlich: „Wir haben das Heizungsrohr angebohrt.“ Mit einem Blick, in dem schon eine gehörige Portion Fassungslosigkeit lag, erwiderte Hilde: „Von wir kann wohl kaum die Rede sein! Und was wird nun?“ Kleinlaut lenkte der Fachmann ein, gestand seine Schuld und entwarf sofort einen Rettungsplan. Zunächst mussten sie an das verflixte Rohr rankommen. Also räumten beide hastig das Bücherregal aus, schleppten die 60 Brockhaus-Bände ins Nebenzimmer und bauten, in der sich immer weiter ausbreitenden Pfütze, das Regal abschließend ab. „Schüssel und ein Tuch!“, ordnete der Meister an und Hilde stürzte schon in die Küche, um etwas Geeignetes zu holen. Beiden war klar, was nun zu tun war. Während Hilde das ausgelaufene Wasser mit Lappen und Eimer wieder einfing, bemühte sich der Fachmann, das Loch mit einem Druckverband provisorisch abzudichten. Es gelang und beide atmeten erleichterten auf.
„Kennen Sie jemanden, der uns das Rohr reparieren kann?“, wurde Hilde nun gefragt. Augenblicklich wurde ihr damit klar, dass nun ein zweiter Experte her musste. Nach einigen Telefonaten und viel Überredungskunst war ein solcher schließlich gefunden und versprach, die Sache zu einem guten Preis zu erledigen. Zwei Stunden später traf der Angesprochene auch ein, begutachtete den Schaden und legte daraufhin seinen Plan dar. Um sich Zugang zum Loch zu verschaffen wurde nun von ihm, mit Hildes Zustimmung, ein 30x30 cm großes Loch an der beschädigten Stelle in die Wand geschlagen. Zur Schadensbegrenzung stand Hilde mit laufendem Staubsauger daneben, bemüht, die aufwirbelnden Staubwolken vom neuen Flachbildschirm und ihren guten Wohnzimmermöbeln fernzuhalten. Betrübt dachte sie dabei daran, wie sie sich am Vortag noch für einen großen Glückspilz gehalten hatte.
Schließlich war die Öffnung so groß, dass der Handwerker an das defekte Rohr herankam und mit der eigentlichen Reparatur beginnen konnte. Diesmal verzichtete Hilde auf die weiteren Beobachtungen, zog sich lieber in ihre Küche zurück, um sich mit einem guten Kaffee zu stärken. Nach einer halben Stunde fühlte sie sich stark genug, um wieder nach dem Rechten zu sehen. Mit einer Tasse heißen Kaffees schob sich Hilde wieder ins Wohnzimmer zurück, um gleich darauf enttäuscht zu werden. Der Fachmann war noch immer bei der Arbeit, drehte gerade das neue Gewinde für das einzusetzende Zwischenstück. „Na Meister, wie läuft es denn? Dauert wohl noch eine Weile?“, meldete sich Hilde zurück, wobei sie ihm den frischgebrühten Kaffee rüberschob. Dankbar wurde das Getränk geschlürft und schon ging die Arbeit weiter. Als der Nachmittag zu Ende ging, packte der Experte die Gerätschaften zusammen und schrieb die Rechnung für zweieinhalb Stunden Arbeit, einschließlich des Materialeinsatzes. „Also, alles in allem sagen wir mal zweihundert Euro! Für das Loch müssen sie sich aber noch einen Maurer suchen. Das fällt nicht in meinen Kompetenzbereich!“ Sagte es, nahm das Geld und verschwand. Hilde blieb überrumpelt zurück. Nachdem sie sich halbwegs wieder gefangen hatte, griff sie zum Gelben-Seiten-Buch und suchte in der Rubrik „Handwerker“ nach einem weiteren Fachmann. Als sie in der Nacht allein zu Haus im Bett lag, musste sie ständig an das 30x30 cm große Loch im Wohnzimmer denken. Immer wieder stellte sich dabei vor, was durch diese Öffnung alles in ihr Zimmer eindringen konnte, wie Mäuse, Spinnen oder anderes Ungeziefer. Mit unendlicher Erleichterung nahm sie deshalb am Morgen die Ankunft des Maurers wahr. Stunden später war es endlich geschafft und gemeinsam schoben beide das Regal an seinen alten Platz zurück. Aus dem Nebenzimmer holte Hilde nun die Brockhaus Bände und begann mit dem Einstapeln. Doch noch bevor sie damit fertig war, brach das alte Regal mit lauten Plauzen zusammen und die wertvollen Bücher wurden unter den Brettern begraben. Wieder musste Hilde daran denken, wie sie sich vor zwei Tagen noch für einen Glückspilz gehalten hatte und zwei Tränen schossen ihr jäh in die Augen. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich wieder beruhigt und einen neuen Plan gefasst hatte. Ein neues Regal musste her! Doch zunächst musste Hilde ihren Mann im Krankenhaus besuchen, um ihn zu trösten und um sich über seine Heilungserfolge zu informieren. Doch Herbert beklagte sich maulend darüber, wie furchtbar langweilig es im Krankenzimmer war und wie wenig Zeit sich Hilde für ihn nahm. „Ich bereite gerade eine Überraschung für dich vor.“, wurde er von Hilde getröstet und schon war sie wieder unterwegs, ins Möbelhaus, um ein neues Regal zu beschaffen. Für 900 € fand sie schließlich etwas passendes, Lieferung in drei Wochen. Daraufhin beschloss Hilde, sich nie wieder voreilig für einen Glückspilz zu halten.