Nietzsche - Werke, Band 5 - Jenseits von Gut und Böse ...

Artikel-Nr.: nietzsche-5
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Friedrich Nietzsche, Giorgio Colli (Hrsg.)

Jenseits von Gut und Böse. Zur Genealogie der Moral

Kritische Studienausgabe, Band 5

dtv Sachbuch, Paperback, 432 Seiten, ISBN 978-3-423-30155-8

Band 5 der Kritischen Studienausgabe enthält folgende, von Nietzsche selbst herausgegebene Werke: Jenseits von Gut und Böse. Vorspiel einer Philosophie der Zukunft‹ (1886); ›Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift‹ (1887).

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"Auf welchen Standpunkt der Philosophie man sich heute auch stellen mag: von jeder Stelle aus gesehen ist die Irrthümlichkeit der Welt, in der wir zu leben glauben, das Sicherste und Festeste, dessen unser Auge noch habhaft werden kann." (Friedrich Nietzsche)

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Jenseits von Gut und Böse. Vorspiel einer Philosophie der Zukunft.

  • Vorrede.
  • Erstes Hauptstück: von den Vorurtheilen der Philosophen.
  • Zweites Hauptstück: der freie Geist.
  • Drittes Hauptstck: das religiöse Wesen.
  • Viertes Hauptstück: Sprüche und Zwischenspiele.
  • Fünftes Hauptstück: zur Naturgeschichte der Moral.
  • Sechstes Hauptstück: wir Gelehrten.
  • Siebentes Hauptstück: unsere Tugenden.
  • Achtes Hauptstück: Völker und Vaterländer.
  • Neuntes Hauptstück: was ist vornehm.
  • Aus hohen Bergen. Nachgesang.

Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift

  • Vorrede
  • Erste Abhandlung: "Gut und Böse", "Gut und Schlecht".
  • Zweite Abhandlung: "Schuld", "schlechtes Gewissen" und Verwandtes.
  • Dritte Abhandlung: was bedeuten asketische Ideale?

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Leseprobe

An dieser Stelle ist es nun nicht mehr zu umgehn, meiner eignen Hypothese über den Ursprung des „schlechten Gewissens“ zu einem ersten vorläufigen Ausdrucke zu verhelfen: sie ist nicht leicht zu Gehör zu bringen und will lange bedacht, bewacht und beschlafen sein. Ich nehme das schlechte Gewissen als die tiefe Erkrankung, welcher der Mensch unter dem Druck jener gründlichsten aller Veränderungen verfallen musste, die er überhaupt erlebt hat, — jener Veränderung, als er sich endgültig in den Bann der Gesellschaft und des Friedens eingeschlossen fand. Nicht anders als es den Wasserthieren ergangen sein muss, als sie gezwungen wurden, entweder Landthiere zu werden oder zu Grunde zu gehn, so gieng es diesen der Wildniss, dem Kriege, dem Herumschweifen, dem Abenteuer glücklich angepassten Halbthieren, — mit Einem Male waren alle ihre Instinkte entwerthet und „ausgehängt“. Sie sollten nunmehr auf den Füssen gehn und „sich selber tragen“, wo sie bisher vom Wasser getragen wurden: eine entsetzliche Schwere lag auf ihnen. Zu den einfachsten Verrichtungen fühlten sie sich ungelenk, sie hatten für diese neue unbekannte Welt ihre alten Führer nicht mehr, die regulirenden unbewusst-sicherführenden Triebe, — sie waren auf Denken, Schliessen, Berechnen, Combiniren von Ursachen und Wirkungen reduzirt, diese Unglücklichen, auf ihr „Bewusstsein“, auf ihr ärmlichstes und fehlgreifendstes Organ! Ich glaube, dass niemals auf Erden ein solches Elends-Gefühl, ein solches bleiernes Missbehagen dagewesen ist, — und dabei hatten jene alten Instinkte nicht mit Einem Male aufgehört, ihre Forderungen zu stellen! Nur war es schwer und selten möglich, ihnen zu Willen zu sein: in der Hauptsache mussten sie sich neue und gleichsam unterirdische Befriedigungen suchen. Alle Instinkte, welche sich nicht nach Aussen entladen, wenden sich nach Innen — dies ist das, was ich die Verinnerlichung des Menschen nenne: damit wächst erst das an den Menschen heran, was man später seine „Seele“ nennt. Die ganze innere Welt, ursprünglich dünn wie zwischen zwei Häute eingespannt, ist in dem Maasse aus einander- und aufgegangen, hat Tiefe, Breite, Höhe bekommen, als die Entladung des Menschen nach Aussen gehemmt worden ist. Jene furchtbaren Bollwerke, mit denen sich die staatliche Organisation gegen die alten Instinkte der Freiheit schützte — die Strafen gehören vor Allem zu diesen Bollwerken — brachten zu Wege, dass alle jene Instinkte des wilden freien schweifenden Menschen sich rückwärts, sich gegen den Menschen selbst wandten. Die Feindschaft, die Grausamkeit, die Lust an der Verfolgung, am Überfall, am Wechsel, an der Zerstörung — Alles das gegen die Inhaber solcher Instinkte sich wendend: das ist der Ursprung des „schlechten Gewissens“. Der Mensch, der sich, aus Mangel an äusseren Feinden und Widerständen, eingezwängt in eine drückende Enge und Regelmässigkeit der Sitte, ungeduldig selbst zerriss, verfolgte, annagte, aufstörte, misshandelte, dies an den Gitterstangen seines Käfigs sich wund stossende Thier, das man „zähmen“ will, dieser Entbehrende und vom Heimweh der Wüste Verzehrte, der aus sich selbst ein Abenteuer, eine Folterstätte, eine unsichere und gefährliche Wildniss schaffen musste — dieser Narr, dieser sehnsüchtige und verzweifelte Gefangne wurde der Erfinder des „schlechten Gewissens“. Mit ihm aber war die grösste und unheimlichste Erkrankung eingeleitet, von welcher die Menschheit bis heute nicht genesen ist, das Leiden des Menschen am Menschen, an sich: als die Folge einer gewaltsamen Abtrennung von der thierischen Vergangenheit, eines Sprunges und Sturzes gleichsam in neue Lagen und Daseins-Bedingungen, einer Kriegserklärung gegen die alten Instinkte, auf denen bis dahin seine Kraft, Lust und Furchtbarkeit beruhte. Fügen wir sofort hinzu, dass andrerseits mit der Thatsache einer gegen sich selbst gekehrten, gegen sich selbst Partei nehmenden Thierseele auf Erden etwas so Neues, Tiefes, Unerhörtes, Räthselhaftes, Widerspruchsvolles und Zukunftsvolles gegeben war, dass der Aspekt der Erde sich damit wesentlich veränderte. In der That, es brauchte göttlicher Zuschauer, um das Schauspiel zu würdigen, das damit anfieng und dessen Ende durchaus noch nicht abzusehen ist, — ein Schauspiel zu fein, zu wundervoll, zu paradox, als dass es sich sinnlos-unvermerkt auf irgend einem lächerlichen Gestirn abspielen dürfte! Der Mensch zählt seitdem mit unter den unerwartetsten und aufregendsten Glückswürfen, die das „grosse Kind“ des Heraklit, heisse es Zeus oder Zufall, spielt, — er erweckt für sich ein Interesse, eine Spannung, eine Hoffnung, beinahe eine Gewissheit, als ob mit ihm sich Etwas ankündige, Etwas vorbereite, als ob der Mensch kein Ziel, sondern nur ein Weg, ein Zwischenfall, eine Brücke, ein grosses Versprechen sei…

Friedrich Nietzsche. Zur Genealogie der Moral. Zweite Abhandlung. 16.

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